Erlanger Universität stärkste Kraft im Freikorps

Studentenkompanie Uttenruthia - Erlangen - Ohrdruf - München
Studentenkompanie Uttenruthia – Erlangen – Ohrdruf – München

„Der Gegner war zwar nur ein Haufen von Banden, leistete aber hartnäckig Widerstand. […] In der Nacht vom 1. zum 2. Mai war aus allen Teilen Münchens lebhaftes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zu hören, Granaten und Minenwerfer krachten, Leuchtkugeln stiegen hoch, alles wie im Krieg. …“ Als stärkste Kraft im Freicorps beteiligten sich ca. 350 Erlanger Studenten an der Niederschlagung der Räterepublik.

Die Studentenschaft in Erlangen bestand nach dem ersten Weltkrieg zu über 50% aus Mitgliedern schlagender Verbindungen, dazu kamen Verbindungsstudenten anderer Korporationen. Eine führende Rolle hatten zu dieser Zeit die Burschenschaft der Bubenreuther sowie die christlichen Verbindungen der Uttenreuther und des Wingolf inne. In Erlangen gaben somit die Verbindungen alleine den Ton an, die gesamte Studentenschaft war als äußerst reaktionär bekannt und nahm in dieser Form Einfluss auf die bayerische und die Reichspolitik.

Der sogenannte Vetreterausschuss der Studenten diskutierte und verhandelte bereits seit Januar 1919 über eine Bewaffnung der Studenten, entgegen den erklärten Verboten der Regierung Hoffmann. Hervorgetan haben sich hier unter anderem die Bubenreuther Otto Bezzel und Edgar Stelzner. (Stelzner war in der NS-Zeit ab 1934 Landesgerichtsrat und später Landesgerichtsdirektor in Würzburg.)

Am 24. März 1919 besuchte schließlich ein Werbeoffizier des Freikorps Epp Erlangen. Auf einer Veranstaltung mit Vertretern aller studentischen Verbindungen warb er für das im thüringschen Ohrdruf aufgestellte Freikorps, um der „Bedrohung der äußeren und inneren Lage durch den Bolschewismus“ entgegen zu treten.

In einer allgemeinen Versammlung von Studenten und Dozenten am 27. März im Redoutensaal wurde daraufhin beschlossen, dass die „Studentenschaft gewillt sei, sich am Kampf gegen den Bolschewismus zu beteiligen und zu diesem Zweck in geeignete Truppenverbände einzutreten“, sowie die Universität für geschlossen erklärt. Zu den Studenten, die sofort in das Freikorps eintraten, gehörten neben anderen zahlreiche Mitglieder der Uttenruthia, des Wingolf sowie der Bubenruthia. Andere, wie auch Stelzner, traten selber als Werbeoffiziere für das Freikorps in Bayern auf.

Insgesamt waren in Ohrdruf ungefähr 350 Erlanger Studenten auch in führenden Stabspositionen vertreten, sodass die Erlanger Universität die stärkste Kraft im Freikorps darstellte. Die Verbindungsstudenten gründeten vor Ort eine eigene Organisation ihrer Verbindung und verfolgten auch dort ihr Verbindungsleben. Entsprechend ihrem Standort nannten sie sich z.B. Uttenruthia Ohrdrufensis oder später dann Uttenruthia Ohrdrufensis-Monacensis – als sie in München einmarschiert waren.

Die Regierung Hoffmann hob ihr Verbot des Freikorps am 16. April auf, die Truppen aus Ohrdruf brachen am 23. April in Richtung München auf. Dort beteilgten sie sich aktiv an der blutigen Nierderschlagung der Räterepublik. Hierzu schreibt ein Mitglied der Uttenruthia:

„Der Gegner war zwar nur ein Haufen von Banden, leistete aber hartnäckig Widerstand. […] In der Nacht vom 1. zum 2. Mai war aus allen Teilen Münchens lebhaftes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zu hören, Granaten und Minenwerfer krachten, Leuchtkugeln stiegen hoch, alles wie im Krieg. Am 2. Mai drangen von Norden her andere Truppen in das Herz Münchens ein und rückte das Korps aus Giesing in die Stadt vor. Es hatte zuletzt ein schweres Stück Arbeit. Straße um Straße mußte gesäubert und besetzt werden, von Fenstern, Giebeln und Lucken, Läden und Schornsteinen aus suchte Feuer den Vormarsch zu hemmen und Maschinengewehre bestrichen die Straßen. Der Vorstadtpöbel stand unverhohlen auf Seite der Spartakisten und kam den militärischen Anordnungen des Korps nur zögernd nach. Eine große Zahl offenkundiger Verbrecher, Zuchthäusler, Zuhälter und anderes Gesindel wurde festgenommen und dem Standgericht zugeführt. Am 5. Mai marschierte das Batallion, vom Publikum stürmisch begrüßt, mit dröhnendem Gesang im Zentrum Münchens ein.“ [Zitat: J. Kübel, „100 Jahre Uttenruthia – 1836 – 1936“, Erlangen 1951]

Wenige Monate später, im Juni 1919, wurde in Erlangen eine freiwillige Studentenkompanie, die sogenannte „Studentische Marschkompanie“, gegründet. Sie bestand maßgeblich aus Ehemaligen des Freikorps Epp. Die „Studentische Marschkompanie“ war auch an der blutigen Niederschlagung der Unruhen in Nürnberg nach dem Kapp-Putsch beteiligt.

Ausstellungstafel Erlangen Uni als PDF

Ausstellungstafel Erlangen Freikorps und Einwohnerwehr als PDF

Quellen:

Manfred Franze, Die Erlanger Studentenschaft 1918 – 1945, Neustadt/Aisch 1995
Johannes Kübel, 100 Jahre Uttenruthia 1836 – 1936, Erlangen 1951